Rundschreiben zum Jahresanfang 2011

1.  Neue Anwendungsregeln für die landwirtschaftliche Pauschalierung bei der Umsatzsteuer

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 hat das Bundesministerium der Finanzen die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe neu geregelt. Die Neuregelungen sind spätestens ab 1. Januar 2011 anzuwenden.

Von besonderer Bedeutung ist, dass die Abgrenzungskriterien weitaus enger gefasst sind als bei der Einkommensteuer. Das heißt, dass Geschäftsvorfälle, die in der einkommensteuerlichen Gewinnermittlung des landwirtschaftlichen Betriebes erfasst werden, umsatzsteuerlich nicht mehr der Pauschalierung, sondern der Regelbesteuerung unterliegen können.

Die Pauschalierung ist nur noch auf selbst erzeugte landwirtschaftliche Produkte anzuwenden. Das heißt, dass der Zukauf von landwirtschaftlichen Produkten zum direkten Weiterverkauf der Regelbesteuerung unterliegt. Werden landwirtschaftliche Erzeugnisse, sowohl Tiere als auch Pflanzen, zugekauft und im eigenen Betrieb zu einem Produkt anderer Marktgängigkeit weiterentwickelt (z. B. Stecklinge zu Topfpflanzen oder Kälber zu Fressern), gilt dies als landwirtschaftliche Tätigkeit, die der Pauschalierung unterliegt.

Verarbeitungstätigkeiten der ersten Verarbeitungsstufe (z. B. Herstellung von Schweinehälften oder Mehl) sollen nur noch der Pauschalierung unterliegen, wenn im Wesentlichen, das heißt zu 75 % eigenerzeugte landwirtschaftliche Produkte verwendet werden.

Werden selbst erzeugte Produkte untrennbar mit zugekauften Produkten vermischt (als Beispiel werden hier Honig und Apfelsaft genannt), unterliegt die Lieferung des Endprodukts aus Vereinfachungsgründen noch der Pauschalierung, wenn die Beimischung  des zugekauften  Produkts  nicht  mehr  als  25 % beträgt. Zutaten und

Nebenstoffe sowie Warenumschließungen (Verpackung, Getränkeflaschen etc.) bleiben bei der Prüfung der 25-%-Grenze außer Betracht.

Der Verkauf gebrauchter landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte soll zukünftig der Regelbesteuerung unterliegen. Ausnahmsweise kann auf solche Verkäufe die Pauschalierung weiterhin angewendet werden, wenn die verkauften Gegenstände während ihrer Zugehörigkeit zum Unternehmensvermögen zumindest 95 % für Umsätze verwendet wurden, die der Pauschalierung unterlegen haben.

Sonstige Leistungen (Dienstleistungen) unterliegen zukünftig unter folgenden, relativ engen Voraussetzungen der Pauschalierung:

  1. Sie werden mit Hilfe der Arbeitskräfte des Betriebes erbracht und die dabei verwendeten Wirtschaftsgüter gehören zur normalen Ausrüstung des Betriebes.
  2. Die Dienstleistungen tragen normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung bei. Darunter versteht der Gesetzgeber folgende Tätigkeiten:
  • Anbau-, Ernte-, Dresch-, Press-, Lese- und Einsammelarbeiten einschließlich Säen und Pflanzen,
  • Verpackung und Zubereitung wie beispielsweise Trocknung, Reinigung, Zerkleinerung, Desinfektion und Einsilierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse,
  • Lagerung landwirtschaftlicher Erzeugnisse,
  • Hüten, Zucht und Mästen von Vieh,
  • Vermietung normalerweise in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken,
  • technische Hilfe,
  • Vernichtung schädlicher Pflanzen und Tiere, Behandlung von Pflanzen und Böden durch Besprühen,
  • Betrieb von Be- und Entwässerungsanlagen,
  • Beschneiden und Fällen von Bäumen und andere forstwirtschaftliche Dienstleistungen.

Bei diesen Dienstleistungen muss der Leistungsempfänger (Auftraggeber) Landwirt sein und die Dienstleistung muss zu seiner landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen. Folgende Einzelfälle sind ausdrücklich aufgeführt:

  • Vermietung eines Wirtschaftsgutes für mehr als zwölf Monate oder an einen Nichtlandwirt => Regelbesteuerung
  • Verpachtung und Verkauf von Zahlungsansprüchen nach der EU-Agrarreform => Regelbesteuerung (rechtlich noch nicht endgültig geklärt)
  • Entsorgungsleistungen z. B. Ausbringung von Klärschlamm und Grüngut soll der zukünftig der Regelbesteuerung unterliegen. Die rechtliche Klärung steht noch aus, da Finanzgerichtsverfahren anhängig sind.
  • Wir empfehlen ab 1. Januar 2011 diese Entsorgungsleistungen der Regelbesteuerung zu unterwerfen und mit 19 % abzurechnen.
  • Lohnmast soll nur noch dann der Pauschalierung unterliegen, wenn im eigenen Betrieb die entsprechende Flächengrundlage zur Verfügung steht und die Leistung an einen anderen Landwirt erbracht wird.
  • Folgende Dienstleistungen unterliegen ebenfalls nicht mehr der Pauschalierung:
  • Pensionspferdehaltung (bereits seit 2005),
  • Pflegeleistungen an Pflanzen, Gartengestaltung und -planung,
  • Grabpflegeleistungen,
  • Abgabe von Speisen und Getränken (z. B. in Strauss- und Besenwirtschaften),
  • die entgeltliche Unterbringung und Verpflegung von Arbeitnehmern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs,
  • die Gestattung der Teilnahme an Treibjagden oder der Einräumung von Einzelabschussmöglichkeiten.

Werden im Rahmen eines pauschalierenden landwirtschaftlichen Betriebes nur in geringem Umfang, das heißt bis zu € 4.000,00 der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze ausgeführt, können diese aus Vereinfachungsgründen in die Pauschalierung einbezogen werden. 

2.  Verschärfung der Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige

Zukünftig sollen Selbstanzeigen nur noch dann zur Strafbefreiung führen, wenn wirklich alle Steuerhinterziehungstatbestände offengelegt werden. Das heißt, wenn in einer Selbstanzeige z. B. bisher nicht angegebene Zinseinnahmen nacherklärt werden, im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung wird dann aber festgestellt, dass auch Betriebseinnahmen z. B. aus Schrottverkäufen nicht angegeben worden sind, entfällt rückwirkend die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige. Außerdem ist eine wirksame Selbstanzeige zukünftig nur noch vor Bekanntgabe der Prüfungsanordnung möglich (bisher: vor Erscheinen des Prüfers auf dem Betrieb).

3.  Kleine Steuerreform 

Im Dezember hat die Bundesregierung noch eine kleine Steuerreform beschlossen; die wesentliche Änderung ist die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages um € 80,00 auf nunmehr € 1.000,00. Hiervon profitieren z. B. Arbeitnehmer, die weniger als 14 km von ihrem Arbeitsort entfernt wohnen. Der Steuervorteil beträgt ca. € 25,00 pro Jahr.

4.  Kassenführung

In letzter Zeit nehmen die Betriebsprüfer wieder verstärkt die Kassenführung unter die Lupe. Die Messlatte sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. Dazu gehören:

  • die Buchführung muss klar und übersichtlich sein,
  • die Buchführung muss sachgerecht organisiert sein,
  • alle Geschäftsvorfälle müssen fortlaufend, vollständig, richtig und zeitgerecht gebucht werden,
  • jeder Buchung muss ein Beleg zugrunde liegen,
  • die Buchführungsunterlagen müssen ordnungsgemäß aufbewahrt werden.

Die Einzelaufstellung aller Bareinnahmen ist nicht zumutbar, wenn Waren von geringem Wert an eine Vielzahl nicht bekannter Personen veräußert werden. Dann ist es zulässig, die Kasseneinnahmen nur in einer Summe in das Kassenbuch einzutragen. Die Summe ist jedoch täglich zu ermitteln und muss durch Aufbewahrung der Kassenstreifen oder der Notizzettel mit dem Auszählungsergebnis dokumentiert werden.

Die Kassensturzfähigkeit muss zu jeder Zeit gegeben sein, das heißt, die Kassenaufzeichnungen müssen immer mit dem tatsächlichen Bargeldbestand übereinstimmen.

Werden Mängel in der Kassenbuchführung festgestellt, führt dies zu sogenannten Sicherheitsaufschlägen. Wenn noch weitere Unstimmigkeiten hinzukommen, werden Zuschätzungen vorgenommen.

Sofern Sie von den im Rundschreiben angesprochenen Themen betroffen sind, stehen wir Ihnen für eine individuelle Beratung gerne zur Verfügung.

17. Januar 2011